Umgangsrecht

Umgangsrecht

Das Umgangsrecht regelt den persönlichen Kontakt zwischen einem minderjährigen Kind und bestimmten Bezugspersonen, insbesondere seinen Eltern, wenn diese getrennt leben oder geschieden sind.

Das Umgangsrecht hat einen sehr hohen Stellenwert, der durch das Grundgesetz geschützt ist.

Die Kernprinzipien des Umgangsrechts

Das Umgangsrecht basiert auf folgenden Grundsätzen:

  1. Recht des Kindes: Das Kind hat ein eigenes Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen und anderen wichtigen Bezugspersonen, auch wenn diese getrennt leben und oder geschieden sind.
  2. Recht und Pflicht der Eltern: Jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet. Unabhängig vom Sorgerecht hat der nicht betreuende Elternteil ein Umgangsrecht.
  3. Maßstab Kindeswohl: Jede Regelung des Umgangs muss dem Kindeswohl dienen und ist darauf auszurichten.
  4. Wohlverhaltenspflicht: Beide Elternteile sind verpflichtet, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt, die sog. Wohlverhaltenspflicht.

Wer hat ein Umgangsrecht

Ein Recht auf Umgang haben nicht nur die leiblichen Eltern:

Eltern: Beide Elternteile, Mutter und Vater, unabhängig davon, ob sie verheiratet waren oder das Sorgerecht besitzen.

Wichtige Bezugspersonen: Auch andere Personen können ein Umgangsrecht haben, wenn der Kontakt dem Kindeswohl dient und eine enge soziale oder familiäre Bindung besteht. Dazu gehören:

  1. Großeltern
  2. Geschwister und Stiefgeschwister
  3. Pflegeeltern und Stiefeltern
  4. Leibliche Väter, wenn die Vaterschaft nicht rechtlich anerkannt ist, und sofern sie echtes Interesse gezeigt haben und der Umgang dem Kindeswohl dient.

Die Ausgestaltung des Umgangs

Die konkrete Gestaltung des Umgangs, also Häufigkeit, Dauer und Ort, ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern soll einvernehmlich von den Eltern geregelt werden.

  1. Standardregelung (Residenzmodell): In der Praxis gilt häufig die Regelung, dass der nicht betreuende Elternteil das Kind jedes zweite Wochenende, meist von Freitag bis Sonntag, und zur Hälfte der Ferien und Feiertage betreut.
  2. Wechselmodell: Das Kind verbringt annähernd gleich viel Zeit bei beiden Elternteilen. Dies setzt eine hohe Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern sowie die Eignung des Kindes voraus.
  3. Kontaktumfang: Zum Umgangsrecht gehört nicht nur der persönliche Kontakt, sondern auch der Kontakt per Telefon, Videoanruf, E-Mail und Brief. Es umfasst auch das Recht, sich über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu informieren, das sog. Auskunftsrecht.

Das gerichtliche Verfahren vor dem Familiengericht

Können sich die Eltern nicht einigen, entscheidet das Familiengericht auf Antrag.

  1. Amtsermittlung: Das Gericht orientiert sich stets am Kindeswohl. Es ermittelt die Tatsachen von Amts wegen, hört die Eltern, das Jugendamt und in der Regel das Kind persönlich an.
  2. Kindeswille: Dem Willen des Kindes kommt mit zunehmendem Alter eine höhere Bedeutung zu, ist jedoch nur ein Kriterium des Kindeswohls. Ein Umgang wird in der Regel nicht erzwungen, wenn das Kind ihn ernsthaft ablehnt, es sei denn, die Ablehnung ist unbegründet, z.B. durch Beeinflussung des anderen Elternteils.
  3. Einschränkung/Ausschluss: Das Umgangsrecht darf nur eingeschränkt oder vollständig ausgeschlossen werden, wenn dies zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls zwingend erforderlich ist. Dies ist nur in extrem schwerwiegenden Fällen wie z.B. Gewalt, Missbrauch oder Entführungsgefahr, zulässig.

Zur Durchsetzung einer gerichtlichen Umgangsregelung können im äußersten Fall Ordnungsgeld oder Ordnungshaft gegen denjenigen Elternteil verhängt werden, der den Umgang vereitelt.

Entzug oder Einschränkung des Umgangsrechts

Der Entzug oder die Einschränkung des Umgangsrechts ist ein Ausnahmefall und stellt einen schwerwiegenden Eingriff dar.

Voraussetzungen

  1. Der Umgang darf nach nur dann eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn dies zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls erforderlich ist.
  2. Die Entscheidung trifft stets das Familiengericht. Eine eigenmächtige Verweigerung des Umgangs durch den betreuenden Elternteil ist unzulässig und kann erhebliche Sanktionen nach sich ziehen.
  3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu wahren. Ein vollständiger Entzug kommt nur in Betracht, wenn kein milderes Mittel, z. B. begleiteter Umgang, Umgangseinschränkung in Dauer oder Frequenz, die Gefährdung beseitigen kann.

Schwerwiegende Gründe

Gründe, die einen Entzug oder eine massive Einschränkung des Umgangsrechts rechtfertigen können, sind:

  1. Körperliche oder seelische Misshandlung oder sexueller Missbrauch des Kindes.
  2. Konkrete Entführungsgefahr, z. B. ins Ausland.
  3. Schwere Suchtproblematik (Alkohol, Drogen) oder psychische Erkrankung des Umgangsberechtigten, die eine ordnungsgemäße Betreuung ausschließt und das Kindeswohl gefährdet.
  4. Massive Beeinflussung des Kindes gegen den anderen Elternteil mit der Folge von Loyalitätskonflikten, wenn diese schwerwiegend sind.
  5. Schwere Vernachlässigung des Kindes während des Umgangs.

Begleiteter Umgang

Bevor ein vollständiger Entzug angeordnet wird, kommt oft der begleitete Umgang in Betracht. Dabei findet der Umgang unter Aufsicht einer neutralen, qualifizierten dritten Person, z. B. vom Jugendamt oder einem freien Träger, statt.

Ein dauerhafter und vollständiger Entzug des Umgangsrechts ist aufgrund des grundrechtlich geschützten Elternrechts nur in extremen Ausnahmefällen möglich. In den meisten Fällen wird das Gericht versuchen, den Kontakt im Rahmen des Kindeswohls zu erhalten, ggf. durch Einschränkungen oder Auflagen.