Die wichtigste Funktion der elterlichen Verantwortung gegenüber ihren Kindern ist die elterliche Sorge, das Sorgerecht. Darunter ist die Pflicht und das Recht der Eltern zu verstehen, für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen.
Das Sorgerecht beinhaltet die Personensorge, z.B. Pflege, Erziehung, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, und die Vermögenssorge. Das Sorgerecht und die Sorgepflicht sind also umfassend. Sie sind auf die Wahrung und Förderung der körperlichen, geistigen, seelischen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen des Kindes gerichtet.
Gemeinsames Sorgerecht
Die gemeinschaftliche elterliche Sorge, also das gemeinsame Sorgerecht, ist der Regelfall, auch nach der Trennung und der Scheidung der Ehe der Eltern.
Im Vordergrund steht dabei das Wohl der gemeinsamen minderjährigen Kinder.
Auch bei gemeinsamer elterlichen Sorge obliegt die Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein dem Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält. Ein solcher gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes kann mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung erfolgt sein.
- Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.
- Für einmalige Entscheidungen und bei Entscheidungen mit erheblicher Bedeutung für die Entwicklung des Kindes – auch wenn sie häufig vorkommen – ist es notwendig, eine gemeinsame Entscheidung herbeizuführen.
Übertragung des Sorgerechts
Jeder Elternteil kann nach Trennung und Scheidung der Ehe beim Familiengericht beantragen, dass ihm das Sorgerecht oder ein Teil davon allein übertragen wird.
- Dem Antrag ist stattzugeben, soweit der andere Elternteil zustimmt. Dies gilt nicht, wenn das Kind bereits das vierzehnte Lebensjahr vollendet und der von den Eltern begehrten Sorgerechtsübertragung widerspricht. Dies gilt auch nicht, wenn oder soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
- Der Antrag ist zurückzuweisen, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften, z.B. aus Gründen der Gefährdung des Kindeswohls, abweichend geregelt werden muss.
Bei Gefahr im Verzug ist jeder mitsorgeberechtigte Elternteil berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind. Der andere Elternteil ist dann unverzüglich über die vorgenommenen Rechtshandlungen zu unterrichten.
Entzug des Sorgerechts
Der Entzug des Sorgerechts ist eine schwerwiegende gerichtliche Maßnahme zum Schutz des Kindes. Sie erfolgt nur unter strengen Voraussetzungen durch das Familiengericht.
Voraussetzungen für einen teilweisen oder vollständigen Entzug des Sorgerechts
- Gefährdung des Kindeswohls: Es muss eine konkrete und erhebliche Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder dessen Vermögen vorliegen.
- Unfähigkeit oder Unwilligkeit der Eltern zur Abwendung der Gefahr: Die Eltern müssen nicht willens oder nicht in der Lage sein, die Gefahr abzuwenden oder abzuwenden.
- Ultima Ratio (Verhältnismäßigkeit): Der Entzug der elterlichen Sorge darf nur erfolgen, wenn mildere Mittel wie z.B. die Anordnung von Leistungen der Jugendhilfe, Weisungen oder die Bestellung eines Ergänzungspflegers für bestimmte Aufgabenbereiche nicht ausreichen, um die Gefahr abzuwenden. Das Familiengericht muss prüfen, ob eine teilweise Entziehung, z.B. nur für die Gesundheitsfürsorge oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht, ausreicht.
Beispiele für Gründe, die eine Kindeswohlgefährdung darstellen können
- Körperliche oder seelische Misshandlung des Kindes
- Vernachlässigung, z.B. mangelnde Ernährung, Hygiene, ärztliche Versorgung oder fehlende Förderung
- Missbrauch des Sorgerechts, z.B. Veruntreuung des Kindesvermögens
- Schwerwiegende Erziehungsfehler
- Drogen- oder Alkoholmissbrauch der Eltern, wenn dadurch die Versorgung des Kindes beeinträchtigt wird
- Anhaltende, hochkonflikthafte Auseinandersetzungen der Eltern, die das Kind psychisch erheblich belasten
- Verweigerung einer notwendigen medizinischen Behandlung
Verfahren bei Sorgerechtsentzug
- Das Verfahren wird in der Regel von Amts wegen durch das Familiengericht eingeleitet, meist aufgrund einer Meldung des Jugendamtes, aber auch anderer Behörden oder Dritter.
- Das Familiengericht hört die Eltern und ab einem bestimmten Alter auch das Kind an, ab 14 Jahren zwingend.
- Meistens wird auch das Jugendamt gehört und ein Sachverständigengutachten eingeholt.
- Das Gericht entscheidet über den Umfang des Entzugs, ob also ein vollständiger oder nur teilweiser Entzug erolgt. Wird das Sorgerecht entzogen, wird ein Vormund oder bei Teilentzug ein Pfleger bestellt. Dies kann auch das Jugendamt sein.
Wichtig: Ein Elternteil, dem das Sorgerecht entzogen wurde, behält in der Regel das Umgangsrecht mit dem Kind, sofern der Umgang das Kindeswohl nicht gefährdet.