Sorgerecht

Sorgerecht

Das Sorgerecht, rechtlich als elterliche Sorge bezeichnet, ist im Familienrecht verankert und hat eine elementare Bedeutung für die Entwicklung eines Kindes.

Das Sorgerecht als Pflicht und Recht zum Wohle des Kindes

Das Sorgerecht ist die Pflicht und das Recht der Eltern, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen. Entscheidender Maßstab für alle Entscheidungen und Regelungen rund um das Sorgerecht ist stets das Kindeswohl. Dies gilt auch nach Trennung und Scheidung der Eltern.

Die drei Säulen der elterlichen Sorge

Das Sorgerecht gliedert sich im Wesentlichen in drei Bereiche:

  1. Personensorge: Umfasst die Fürsorge für die Person des Kindes. Hierzu zählen insbesondere die Pflege, Erziehung und Beaufsichtigung des Kindes, die Bestimmung des Aufenthalts des Kindes, das sog. Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge für das Kind und Umgangsbestimmungsrecht betreffend das Kind und die Wahl von Kindergarten und Schule.
  2. Vermögenssorge: Die Vermögenssorge bezieht sich auf die Verwaltung des Kindesvermögens.
  3. Gesetzliche Vertretung: Die Vertretung des Kindes in rechtlichen Angelegenheiten wie z.B. bei Behörden oder vor Gericht.

Gemeinsames Sorgerecht als Regelfall

Verheiratete Eltern üben die elterliche Sorge für ihr gemeinsames Kind automatisch und von Gesetzes wegen gemeinsam aus. Dieses gemeinsame Sorgerecht bleibt auch nach einer Trennung oder Scheidung grundsätzlich bestehen.

Unverheiratete Eltern erhalten das gemeinsame Sorgerecht, wenn:

  1. sie übereinstimmend erklären, die Sorge gemeinsam übernehmen zu wollen, z.B. durch eine Sorgeerklärung beim Jugendamt oder Notar,
  2. sie nachträglich heiraten, oder
  3. das Familiengericht ihnen die gemeinsame Sorge überträgt.

Das gemeinsame Sorgerecht bedeutet, dass Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für das Kind, wie Schulwahl, größere medizinische Eingriffe oder die Bestimmung des Wohnortes, von beiden Elternteilen gemeinsam getroffen werden müssen. Entscheidungen des täglichen Lebens wie z.B. Essenszeiten, Fernsehkonsum oder übliche Arztbesuche, kann jedoch der Elternteil allein treffen, bei dem sich das Kind gerade aufhält.

Übertragung des Sorgerechts

Jeder Elternteil kann nach Trennung und Scheidung der Ehe beim Familiengericht beantragen, dass ihm das Sorgerecht oder ein Teil davon allein übertragen wird.

  1. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit der andere Elternteil zustimmt. Dies gilt nicht, wenn das Kind bereits das vierzehnte Lebensjahr vollendet und der von den Eltern begehrten Sorgerechtsübertragung widerspricht. Dies gilt auch nicht, wenn oder soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
  2. Der Antrag ist zurückzuweisen, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften, z.B. aus Gründen der Gefährdung des Kindeswohls, abweichend geregelt werden muss.

Entzug des Sorgerechts

Der Entzug des Sorgerechts ist eine schwerwiegende gerichtliche Maßnahme zum Schutz des Kindes. Sie erfolgt nur unter strengen Voraussetzungen durch das Familiengericht

Voraussetzungen für einen teilweisen oder vollständigen Entzug des Sorgerechts

  1. Gefährdung des Kindeswohls: Es muss eine konkrete und erhebliche Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder dessen Vermögen vorliegen.
  2. Unfähigkeit oder Unwilligkeit der Eltern zur Abwendung der Gefahr: Die Eltern müssen nicht willens oder nicht in der Lage sein, die Gefahr abzuwenden oder abzuwenden.
  3. Ultima Ratio (Verhältnismäßigkeit): Der Entzug der elterlichen Sorge darf nur erfolgen, wenn mildere Mittel wie z.B. die Anordnung von Leistungen der Jugendhilfe, Weisungen oder die Bestellung eines Ergänzungspflegers für bestimmte Aufgabenbereiche nicht ausreichen, um die Gefahr abzuwenden. Das Familiengericht muss prüfen, ob eine teilweise Entziehung, z.B. nur für die Gesundheitsfürsorge oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht, ausreicht.

Beispiele für Gründe, die eine Kindeswohlgefährdung darstellen können

  1. Körperliche oder seelische Misshandlung des Kindes
  2. Vernachlässigung, z.B. mangelnde Ernährung, Hygiene, ärztliche Versorgung oder fehlende Förderung
  3. Missbrauch des Sorgerechts, z.B. Veruntreuung des Kindesvermögens
  4. Schwerwiegende Erziehungsfehler
  5. Drogen- oder Alkoholmissbrauch der Eltern, wenn dadurch die Versorgung des Kindes beeinträchtigt wird
  6. Anhaltende, hochkonflikthafte Auseinandersetzungen der Eltern, die das Kind psychisch erheblich belasten
  7. Verweigerung einer notwendigen medizinischen Behandlung

Verfahren bei Sorgerechtsentzug

  1. Das Verfahren wird in der Regel von Amts wegen durch das Familiengericht eingeleitet, meist aufgrund einer Meldung des Jugendamtes, aber auch anderer Behörden oder Dritter.
  2. Das Familiengericht hört die Eltern und ab einem bestimmten Alter auch das Kind an, ab 14 Jahren zwingend.
  3. Meistens wird auch das Jugendamt gehört und ein Sachverständigengutachten eingeholt.
  4. Das Gericht entscheidet über den Umfang des Entzugs, ob also ein vollständiger oder nur teilweiser Entzug erolgt. Wird das Sorgerecht entzogen, wird ein Vormund oder bei Teilentzug ein Pfleger bestellt. Dies kann auch das Jugendamt sein.

Wichtig: Ein Elternteil, dem das Sorgerecht entzogen wurde, behält in der Regel das Umgangsrecht mit dem Kind, sofern der Umgang das Kindeswohl nicht gefährdet.